Samstag, 6. August 2016

Rezension | Das Spiel von Liebe und Tod

Martha Brockenbrough | Einzelband | Loewe | 18,95€ | OT: The Game of Love and Death | Juli 2016 | 400 Seiten

Romeo und Julia, Kleopatra und Mark Anton, Napoleon und Josephine, sie alle waren schon Figuren in dem jahrtausendealten Spiel von Liebe und Tod. Die Regeln sind einfach. Verlieben sich die Paare vor dem ausgewürfelten Termin, hat die Liebe gewonnen, trennen sie sich, triumphiert der Tod und einer der Liebenden muss sterben.

Immer wieder steht Henry vor der Tür des Jazzclubs, in dem Flora allabendlich singt. Er ist hingerissen von der schönen jungen Frau, ihrer Stimme und ihrer Musik. Flora dagegen versucht lange, sich gegen ihre Gefühle zu wehren. Ihre Haut ist schwarz und eine Beziehung mit einem weißen jungen Mann ist im Seattle des Jahres 1937 völlig ausgeschlossen.

Was Flora und Henry nicht wissen: Sie sind nur Figuren in einem uralten Spiel, in dem die Liebe selbst und ihr alter Widersacher Tod menschliche Gestalt angenommen haben. Und beide nutzen all ihre manipulativen Fähigkeiten, um zu gewinnen.

Der Mann im eleganten grauen Anzug materialisierte sich im Kinderzimmer neben dem schlafenden Säugling und sog die süße, milchduftende Nachtluft ein.

"Manche Menschen waren, genau wie manche Songs, einfach mehr als bloß die Summe ihrer Teile."
(S.140)

Das Spiel von Liebe und Tod sticht vor allem durch eines hervor: Sein erstklassiges Konzept. Und so geschieht es, dass man nicht nur zwei beachtliche Normalsterbliche als Protagonisten hat, sondern sich gleichzeitig im Geschehen zweier uralten Mächte wiederfindet. Noch packender wird es dadurch, dass sich Liebe und Tod nicht darauf beschränken, von vornherein die Fäden im Hintergrund zu ziehen. Nein, sie benutzen ihre folgenschweren Fähigkeiten zum Manipulieren, gehen aufs Äußerste, um den Sieg davonzutragen.

Von Anfang an begeistert von der Idee sog ich jedes Detail dazu praktisch auf, wie sich Liebe und Tod verhalten, wie das Spiel abläuft und so weiter. Und obwohl es andauernd thematisiert wird, war ich am Ende trotzdem nicht zufriedengestellt. Für mich blieb es noch immer etwas schwammig, einige Erklärungen mehr hier und da hätten mit Sicherheit nicht geschadet.


Das Leben von Flora und Henry wird dabei so genau mitverfolgt, dass man schon fast das große Ganze aus den Augen verlieren könnte. Allerdings werden dabei auch deren Lebensumstände deutlich - und damit auch, unter welchen schlechten Bedingungen eine Beziehung zwischen den beiden steht. Henry ist ein liebenswürdiger Mensch, fürsorglich und schon naiv in seinen hartnäckigen, von Zweifeln befreiten Gefühlen für Flora. Es wäre ein wesentlich leichteres Spiel für Liebe, wenn Flora sich nicht sträuben würde. Aufgrund ihrer Hautfarbe, ihres großen Traums und dessen, was sie als Kind geprägt hat, erscheint ihr ein Ausweg unmöglich.

Trotz allem bleiben die Figuren distanziert. Genug ausgeprägt, um mit ihnen mitzubangen, zu wenig, damit sie  greifbar ans Herz wachsen. Eine Sache hat mich allerdings an beiden angesprochen: Ihr Verhältnis zur Musik, ganz besonders bei Henry. Wundervoll, wie er seinen Kontrabass spielt, das kann man zwischen den Seiten spüren, ohne etwas hören zu müssen.
Zudem muss ich sagen, dass mich ein Aspekt bzw. ein Charakter wirklich fasziniert hat: Tod. Von ihr bekommt man einige Facetten mit, die nachdenklich stimmen, und aus ihrer Perspektive wird deutlich, dass ihre Aufgabe auch eine Bürde sein kann. Während Liebe etwas Naives und Trotziges hat, das ich trotz seines Wesens oftmals nicht richtig nachvollziehen konnte, ist Tods Persönlichkeit bemerkenswert gelungen.
Martha Brockenbroughs Schreibstil an sich ist angenehm flüssig zu lesen. In vereinzelten Abschnitten sticht ihr Stil hervor, ansonsten hat mich ihre Sprache nicht außerordentlich beeindruckt. Ich brauchte etwas zum Reinkommen, die Handlung hat sich anfangs überraschend zäh gestaltet, aber es wird deutlich besser, mit aufregenden Wendungen zum Schluss. Außerdem schafft die Autorin Atmosphäre und bringt reale Geschehnisse in das Buch ein, das im Jahr 1937 spielt, während sie gleichzeitig den damaligen Umgang mit Homosexualität und Diskriminierung thematisiert.

Das Spiel von Liebe und Tod brilliert trotz des langatmigen Einstieg und einigen anderen Schwächen durch sein grandioses Konzept und der Darstellung sowohl von Tod als auch von dem Seattle des letzten Jahrhunderts. Auch wenn mich das Buch nicht hundertprozentig überzeugt hat, war es doch eine besondere Abwechslung, die nicht so schnell vergessen wird.
Knappe vier Sterne


{Empfehlung von mir: Wunderbare Rezension zu diesem Buch von Kueckibooks }

2 Kommentare:

  1. Huhu meine liebe Noemi <3

    eine wie ich schon geahnt hatte wundervolle Rezension die sehr viel von meinen Gedanken wieder spiegelt. Ich hätte mir auch noch ein wenig mehr Infos zum großen Spiel gewünscht. Tod fand ich auch sehr faszinierend, vor allem dann, wenn sie mit sich und ihrem "Schicksal" hadert. Henry und Flora mochte ich allerdings beide echt gerne und konnte auch gut mit ihnen fühlen.

    Drück dich, liebste Grüße,
    Ally

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    1. Danke, liebe Ally! <3 Bei dir habe ich schon vorbei geschaut :)

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